Bürgerschaftsfraktion

GRÜNE diskutieren über die Neuausrichtung der Pflege in Lübeck 2030

Die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion hatte am vergangenen Donnerstag zu einer öffentlichen Fraktionssitzung geladen, um mit Expert*innen und Interessierten über die pflegerische Versorgung 2030 in Lübeck zu diskutieren.

Eines der Hauptprobleme sahen alle Expert*innen im vorherrschenden Fachkräftemangel. Schon jetzt sei kaum Personal zu finden und rund ein Drittel der Auszubildenden bricht ihre Ausbildung in der Pflege ab. Das Berufsfeld der Pflege müsse erheblich aufgewertet werden und dies, indem man die positiven Aspekte des Berufes und auch den immateriellen Wert der Arbeit in den Vordergrund stellt – auch medial wie Tobias Plitt, Geschäftsführender Vorstand des DRK-Kreisverbands Lübeck e.V. betonte. Auch der Einstieg für Flüchtlinge in den Pflegeberuf müsse erleichtert werden. Leider gibt es derzeit in der Ausländerbehörde keine festen Ansprechpartner*innen für Pflegedienste, die Personalbedarf haben, wie bemängelt wurde.

Thomas Fürst, Fraktionsmitglied:

„Dem zunehmenden Personalmangel – insbesondere an Fachkräften – sollte auch durch Quereinsteiger*innen und durch die Einführung flexiblerer Arbeits- bzw. Einsatzzeiten sowie einer allgemein besseren Work-Life-Balance begegnet  werden. Außerdem braucht es eine schnellere Anerkennung von im Ausland ausgebildeten Fachkräften und eine kontinuierliche Kooperation mit Schulen zum Beispiel über verbindliche Sozialpraktika.“

Ein weiteres essentielles Problem der Pflege ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit. Fred Mente, Geschäftsführer der Diakonie Nord-Nord-Ost sieht im Gesamtkontext die Bundespolitik in der Pflicht. Ohne Änderungen im Bundesrecht werde die pflegerische Versorgung kommunal scheitern, da Pflege sich unter den derzeitigen Bedingungen nicht wirtschaftlich betreiben lässt. Fred Mente betonte, dass sowohl die Sanierung von maroden Gebäuden als auch der Bau von neuen Gebäuden aktuell so kostspielig seien, dass sich private Anbieter eher vom Markt zurückziehen als zu investieren. Wie unter diesen Voraussetzungen die 800 zusätzlich erforderlichen stationären Pflegeplätze laut dem von den GRÜNEN initiierten Pflegebedarfsplans 2030 bereit gestellt werden sollen, blieb allen Anwesenden ein Rätsel.

Thomas Fürst, Fraktionsmitglied:

„In den letzten 5 Jahren musste für die städtischen Senior*inneneinrichtungen ein Defizit von 12,5 Mio EUR über den städtischen Haushalt ausgeglichen werden. Das bedeutet, dass städtische Pflegeeinrichtungen mit ca. € 350,- pro Pflegeplatz monatlich bezuschusst werden müssen. Hier wünschen sich die gemeinnützigen Träger natürlich eine Gleichbehandlung, denn die gemeinnützigen Träger kämpfen verzweifelt um den Erhalt ihrer pflegerischen Angebote und ihre Defizite werden nicht durch den lübschen Haushalt ausgeglichen. Ihnen bleibt nur eine Steigerung des Eigenanteils der pflegebedürftigen Bewohner*innen. Damit Pflege für alle bezahlbar bleibt, sollte der Eigenanteil als Sockelbetrag festgelegt und der Zuschuss der Pflegekassen dynamisiert werden.“

Für Kathleen Weilemann, Leiterin der Caritas sind die Wegstrecken in der Hansestadt eine Herausforderung. Auch hier müssen die Träger auf Wirtschaftlichkeit achten. So kann es aber in Teilen zur Unterversorgung kommen. Insbesondere die Innenstadt ist aufgrund von Parkproblemen und Zufahrtsbeschränkungen betroffen.

Mandy Siegenbrink, stv. Fraktionsvorsitzende:

„Auf kommunaler Ebene könnten durch bessere Vernetzung und quartiersbezogene Koordination Synergieeffekte genutzt werden. Diese gemeinsamen Aktivitäten müssen federführend von der Verwaltung initiiert werden. Senatorin Steinrücke hat uns im Zuge der Veranstaltung bereits zugesichert, dass dies bereits angedacht sei. Die pflegerische Versorgung ist ein Thema, das deutlich mehr Aufmerksamkeit verlangt, als es das bisher erhält. Mit dieser Veranstaltung wollten wir dem Rechnung tragen und auf die Notwendigkeit neuer Konzepte für die Zukunft der Pflege in Lübeck hinweisen. Die hohe Resonanz und die rege Publikumsbeteiligung hat uns in unserem Vorhaben bestätigt.“