Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 25+29 – Krankenhaussterben verhindern – auskömmliche Refinanzierung dauerhaft sicherstellen
Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
den Krankenhäusern in Deutschland und Schleswig-Holstein geht es nicht gut. Durch den Personalmangel, ein unflexibles Vergütungssystem, ausbleibende Investitionen, hohe bürokratische und Dokumentationsverpflichtungen und nicht zuletzt die Inflation und Energiekrise, sind sie schlicht selbst zu Patienten geworden.
Ich habe die Zahlen hier letztens schon einmal vorgetragen – aktuell sind es 80 Prozent der Krankenhäuser, die in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt rote Zahlen schreiben. Die Insolvenzmeldungen steigen im gesamten Bundesgebiet, dieses Jahr sind wir bei über 40, drei davon in Schleswig-Holstein.
Über 40 Standorte, an denen ungesteuert und für die Bevölkerung und das Personal plötzlich ein Stück Versorgung oder ein Arbeitsplatz wegfällt. Gerade für Standorte in ländlichen Regionen in der Grund- und Regelversorgung sind solche Entwicklungen wirklich besonders bitter. Deshalb ist es gut und richtig gewesen, dass die Bundesregierung im Zuge der Energiekrise schnell und unbürokratisch Energiehilfen bereitgestellt hat – wir haben dieses Verfahren in Schleswig-Holstein nochmal beschleunigt, doch dies reicht bei Weitem nicht aus!
Deshalb greifen wir mit unserem Antrag eine Initiative aus NRW auf, die rückwirkend die inflationsbedingten Kostensteigerungen durch die Krankenkassen für die Jahre 2022 und 2023 über die Erhöhung des Landesbasisfallwerts refinanzieren soll. Es handelt sich also um eine Angleichung innerhalb des aktuellen Vergütungssystems.
Dieses Instrument soll verstetigt werden und in Zukunft kürzere Zahlungsfristen und vor allem die Tarifsteigerungen für alle Berufsgruppen, also auch des ärztlichen Personals, angemessen berücksichtigen. Diese Forderungen sind deshalb wichtig, weil sie für die meisten Standorte ein Puffer für die Zeit bis zum endgültigen Greifen der Krankenhausstrukturreform bedeuten.
Denn es ist doch für die Menschen einfach nicht zu verstehen, dass laut Politik die Krankenhausstrukturreform zwar kommen soll, um die Krankenhauslandschaft geordnet zu verändern und auf die Pfeiler eines neuen, eines besseren Vergütungssystems zu stellen – jetzt aber sehenden Auges bis dahin das momentan erlebbare, ungeordnete Krankenhaussterben einfach hingenommen wird – das passt einfach vorne und hinten nicht zusammen und muss deshalb ganz klar verhindert werden.
Aber das Gute ist ja, dass wir uns dabei einig sind, dass die Strukturreform kommen muss und dass die Länder darauf natürlich auch angemessen reagieren müssen. In diesem gesamten Prozess wird es sicherlich den ein oder anderen Standort geben, der das bisherige Angebot verändern oder gar einschränken muss. Wir werden also viele schwierige Debatten dazu bekommen, in denen eine klare und verständliche Kommunikation in die Bevölkerung hinein enorm wichtig ist.
Auch wird interessant werden, welche Standorte die Möglichkeit eines Level 1i-Krankenhauses übernehmen werden, um damit auch einen Beitrag zu einer besseren sektorenübergreifenden Versorgung zu leisten. Damit wird klar, dass natürlich auch auf die Krankenhäuser und Träger eine enorme Herausforderung zukommt.
Und weil diese Herausforderung eines geordneten Transformationsprozesses eben genau dann nicht funktioniert, wenn sie von den Kliniken aus einer Position der Schwäche mit schlechter finanzieller Ausgangslage begleitet wird, wäre es so wichtig gewesen, das von den Ländern und auch unserer Gesundheitsministerin geforderte Vorschaltgesetz im Sinne einer funktionierenden Strukturreform auf den Weg zu bringen.
Stattdessen soll jetzt aber zuerst das Krankenhaustransparenzgesetz auf den Weg gebracht werden, das für die Krankenhäuser einen erheblichen bürokratischen Aufwand bedeutet. Der Gedanke hinter dem Gesetz an sich – nämlich mehr Transparenz und Überblick im Gesundheitswesen zu schaffen, ist dabei aus meiner Sicht ja ein richtiger.
Jedoch kommt dieses Vorhaben einfach zum komplett falschen Zeitpunkt, es hätte doch nach Greifen einer erfolgreichen Strukturreform auf den Weg gebracht werden können – in einem Prozess also, in dem ohnehin viele Daten anfallen müssen. Dieses anstelle eines dringend notwendigen Vorschaltgesetzes zum jetzigen Zeitpunkt auf den Weg zu bringen, ist deshalb aus meiner Sicht eine schlechte Prioritätensetzung und die falsche Reihenfolge.
Es ist gut, dass der Bund mit der Strukturreform seine Hausaufgaben macht und richtig, dass die Länder ihn darauf hinweisen. Ich sage aber auch ganz klar, dass natürlich auch die Länder ihre Hausaufgaben machen müssen. Und das tun sie leider bisher nicht. Kein Land in Deutschland kommt den Investitionsverpflichtungen im Krankenhausbereich vollumfänglich nach. Ich finde ja, dass das auf ein strukturelles Problem in Deutschland hinweist, welches im Rahmen der Strukturreform auch hätte geregelt werden können, aber dafür gab es keine Mehrheit.
Stattdessen werden die Länder und so auch Schleswig-Holstein eine Mammutaufgabe bewältigen müssen, um den aktuellen Investitionsverpflichtungen und den aus der Strukturreform resultierenden Kosten irgendwie nachzukommen. Zwar ist für Letzteres ein wie auch immer gearteter Strukturfonds zwischen Bund und Ländern geplant – aber auch ein solcher muss ja angesichts der Schuldenbremse aus den laufenden und knappen Haushalten finanziert werden.
Wir werden deshalb unsere Hausaufgaben im Zuge der Strukturreform machen, eine Versorgungsbedarfsanalyse auf den Weg bringen, die Krankenhausplanung ab 2024 angehen und unser Landeskrankenhausgesetz anpassen. Bis dahin müssen jedoch die Betriebskosten der Krankenhäuser ausreichend finanziert sein und deshalb bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag und danke für die Aufmerksamkeit!