Reden im Plenum

Für eine Pflege ohne Armutsrisiko

Foto: Grüne Landtagsfraktion

TOP 21 – Reform der Investitionskostenfinanzierung in der Pflege

Dazu sagt der pflegepolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleg*innen,

während der Corona-Pandemie haben wir immer wieder, wenn wir uns die Zustände und Arbeitsbedingungen in der Pflege angeschaut haben, davon gesprochen, dass die Krise „wie ein Brennglas“ eben jene Problemfelder verstärkt, die bereits vorher und schon lange existiert haben.

Genauso sieht es nun auch mit den Eigenanteilen für die zu Pflegenden aus. Der Trend kannte nur eine Richtung: nach oben. Hinzu kommen aber nun in der Krise die enormen Belastungen durch die gestiegenen Energiepreise und obendrein auch noch die eingeführte Tariftreuepflicht.

Und, liebe Kolleg*innen, gerade bei letzterem Punkt, da hat sich die Politik – und das sollte man auch mal so deutlich sagen – wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Denn ich denke, über zwei Dinge sind wir uns ja wohl einig: Erstens, die zum 01. September in Kraft getretene Tariftreueregelung war genau richtig und längst überfällig. Die Beschäftigten in der Pflege leisten enormes und verdienen dafür auch eine entsprechende Entlohnung. Und zweitens sind wir uns aber darüber einig, wie vorhersehbar die daraus resultierenden Mehrkosten waren und sind. Eine Folge davon ist der sprunghafte Anstieg der Eigenanteile, der für die Menschen und Einrichtungen eine extreme, zusätzliche Belastung darstellt.

Der Bund hätte hier rechtzeitig Maßnahmen und Regelungen treffen müssen, um der absehbaren zusätzlichen finanziellen Belastung der zu Pflegenden und ihren Angehörigen entgegenzuwirken, denjenigen, die es nun besonders hart trifft. Und dass der Trend weiter nach oben gehen wird, zum Beispiel durch weiterhin notwendige Anpassungen zur Angleichung der Löhne zwischen Alten- und Krankenpflege, ist ebenfalls wahrscheinlich.

Dies betrifft den stationären, aber auch den ambulanten Bereich gleichermaßen. Die Sozialministerin Aminata Touré hat genau aus diesem Grund ja auch einen Antrag zur generellen Entlastung der pflegebedürftigen Menschen von den steigenden Eigenanteilen eingebracht, in die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister*innen. Der Antrag wurde dort mit großer Mehrheit von den Ländern beschlossen und liegt jetzt dem Bundesgesundheitsministerium vor.

Denn, liebe Kolleg*innen, auch abseits der gestiegenen Energiepreise gibt es ja noch viel mehr Aspekte, die eigentlich seit Jahren schon nach einem grundsätzlichen Reformbedarf in der Pflege und Pflegeversicherung schreien. Denn unsere Gesellschaft wird nun mal immer älter, absehbar wird es immer weniger Beitragszahler*innen geben, dafür aber viel mehr Pflegebedürftige.

Deshalb fordern wir in unserem Antrag und anknüpfend an die Initiative der Sozialministerin an den Bund eine grundsätzliche Pflegereform, die nicht nur im Kleinen wirkt, sondern neben den aktuellen auch die auf uns zukommenden Herausforderungen endlich hinreichend abdeckt.

Ziel muss dabei zweierlei sein: Zum einen muss eine Überlastung der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen aufgrund von steigenden Eigenanteilen verhindert werden. Und zum anderen braucht es für die Pflegeeinrichtungen, die ambulanten Pflegedienste und die Pflegekräfte endlich Planungssicherheit und Gewissheit, zum Beispiel durch die verlässliche Angleichung von Leistungsbeträgen an die Preisentwicklung.

Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Forderungen der Interessensgemeinschaften aus der Pflege an den Bund, die diese vor zwei Wochen auch hier bei uns vor dem Landeshaus vorgetragen haben. Pflegeeinrichtungen und Pflegepersonal müssen auskömmlich finanziert werden.

Liebe Kolleg*innen, ich finde, wir dürfen nicht länger den Umstand tolerieren, dass die Pflegebedürftigkeit für so viele Menschen und deren Angehörige eine so hohe, beinahe nicht stemmbare finanzielle Herausforderung bedeutet. Menschen, die beispielsweise ihr Leben lang hart gearbeitet haben, im Beruf, in der Familie, im Ehrenamt, verdienen im Alter Wertschätzung und Respekt und eine Pflege ohne Armutsrisiko.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.