Zum heute vorgestellten und u.a. von Schleswig-Holstein initiierten Rechtsgutachten zur Verfassungskonformität der Krankenhausstrukturreform sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:
„Auch wenn die Ergebnisse des Rechtsgutachtens zur Verfassungskonformität wenig verwunderlich sind, ist es trotzdem gut und richtig gewesen, es vonseiten der Länder in Auftrag zu geben. Denn die Ergebnisse zeigen, dass die Planungshoheit der Länder nicht ignoriert werden darf. Sie stellen somit für das kommende Gemeinschaftsprojekt von Bund und Ländern eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche dar. Nun ist es an der Landesregierung und der zuständigen Gesundheitsministerin, sich weiterhin mit konstruktiven Vorschlägen und Impulsen aus Schleswig-Holstein in das Verfahren einzubringen.
Dass die bisherigen Reformvorschläge bei weitem noch nicht ausreichend sind, um eine funktionierende stationäre Versorgung für die nächsten Jahrzehnte hinreichend sicherzustellen, ist ebenfalls klar. Es muss allen Beteiligten in Bund und Ländern klar sein, dass eine nachhaltige Krankenhausstrukturreform nur dann funktionieren kann, wenn die Interessen von Personal und Versorgungssicherheit aller Menschen im Mittelpunkt stehen.
So braucht es innerhalb des neuen Mixes aus Vorhaltepauschalen und DRGs eine klare Berücksichtigung der Aufgaben aller Gesundheitsfachberufe – auch der Therapieberufe. Diese sind z.B. für wichtige prä- und postoperative Behandlungen, sowie ein erfolgreiches Entlassmanagement im Sinne der gesundheitlichen Prävention nicht wegzudenken. Dazu muss auch berücksichtigt werden, dass es genug Budget für Praxisanleitung und Lehre innerhalb der Krankenhäuser braucht, ansonsten wird der Fachkräftemangel nicht aufzuhalten sein.
Außerdem muss im kommenden System eine qualitativ hochwertigere, regionalere und gesündere Krankenhausverpflegung unbedingt vollständig vergütet werden, denn diese verbessert nachweislich den Therapieerfolg und damit die Versorgungsqualität der Patient*innen.
Auch darf es keinerlei finanzielle Anreize mehr für den eigentlich nicht notwendigen Einsatz von zu viel Schulmedizin, wie seit Jahren in der Geburtshilfe durch immer steigende Kaiserschnittraten deutlich geworden, geben.
Für Schleswig-Holstein durch die vielen Inseln und Halligen besonders relevante spezifische Bedarfe dürfen ebenfalls nicht hinten herunterfallen, sondern müssen angemessen in einem künftigen Vergütungs- und Struktursystem berücksichtigt werden. Ebenso müssen Über- und Unterversorgungen strategisch klug ausgeglichen werden, um die begrenzten finanziellen Kapazitäten sinnvoller als bisher einzusetzen. Für all diese Notwendigkeiten müssen Bund und Länder Hand in Hand zusammenarbeiten und nicht immer mit dem Finger auf den jeweils anderen zeigen.
Klar ist, dass die dringend notwendige Krankenhausstrukturreform nicht durch andauernde Kompetenzstreitigkeiten unnötig nach hinten verschoben werden darf. Denn die Kliniken in Deutschland, und damit das Personal und die Versorgung der Bevölkerung, leiden schwer unter den Folgen der Corona-Pandemie, der Inflation und den steigenden Energiepreisen. Viele Kliniken schreiben rote Zahlen und/oder mussten Insolvenz anmelden, eine Überbrückung bis zur rettenden Krankenhausstrukturreform wird daher vermutlich unabdingbar sein.
Das schwer kranke Krankenhaussystem in Deutschland braucht deshalb schnelle Abhilfe. Eine zwischen Bund und Ländern gut abgestimmte Krankenhausstrukturreform stellt dafür die richtige Behandlung bereit.“