Koalitionsvertrag

Schwarz-Grüner Koalitionsvertrag: Gesundheit

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Gesundheit

Lehren aus der Coronapandemie

Schleswig-Holstein hat die Coronapandemie vergleichsweise gut bewältigt und unser Anspruch ist es, gemeinsam alles dafür zu tun, dass uns das auch weiterhin gelingt. Die medizinischen und sozialen Folgen der Pandemie werden wir weiter analysieren und daraus notwendige Folgerungen ziehen – so, wie dies auch in der Vergangenheit durch die Landesregierung, aber auch in parlamentarischen Anhörungen im Sozialausschuss und Landtag erfolgt ist.

Wir begreifen die Coronapandemie als Zäsur und ziehen unsere Lehren daraus. Personal, Patientinnen und Patienten sowie Heimbewohnerinnen und Heimbewohner der Alten- und Krankenpflege, in der stationären wie ambulanten medizinischen Versorgung, in Einrichtungen der Eingliederungshilfe und in der Heilmittelerbringung sind außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Als Politik und Gesellschaft sind wir dieser Leistung zum Dank verpflichtet und stellen uns der Aufgabe, solche Situationen und Arbeitsbelastungen in Zukunft bestmöglich zu verhindern.

Die künftigen Möglichkeiten der Prävention, der raschen Reaktion und insbesondere auch der Verfügbarkeit von Schutzausrüstung in und aus Schleswig-Holstein nehmen wir besonders in den Blick. Wir setzen uns dafür ein, dass Reservekapazitäten, Schutzausrüstungen, Medikamente, Heil- und Hilfsmittel und das entsprechende Personal für Notfälle in Krankenhäusern und Praxen zur Verfügung stehen und einschließlich der Folgekosten finanziert werden.

Die regionale Gesundheitswirtschaft und die medizinische Forschung am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein werden wir nachhaltig fördern. Wir setzen uns dafür ein, die Rahmenbedingungen in der Gesundheitsbranche für Wissenschaftstransfer, Wirtschaft und Start-Up-Szene zu verbessern, sodass zum Beispiel Normierungen wie die der Europäischen Union für den Bereich der Medizinprodukte eine praxisgerechtere Umsetzung finden können, damit heimische Herstellerinnen und Hersteller sowie Dienstleisterinnen und Dienstleister bei uns mit ihren erheblichen Kompetenzen und Fähigkeiten keinen unnötigen Belastungen ausgesetzt sind oder gar gefährdet werden.

Wir werden die Pandemiepläne kontinuierlich überprüfen und dabei auch Belangen des Bevölkerungsschutzes Rechnung tragen. Der öffentliche Gesundheitsdienst muss bei Personal, Ausstattung und einheitlichen digitalen Standards auskömmlich ausgestattet sein. Dies wollen wir im Sinne des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst gemeinsam mit dem Bund erreichen. Als Grundlage für diese Arbeiten wird auch eine Analyse zu der in diesem Bereich gegebenen Situation erstellt.

Wir müssen auch weiterhin Maßnahmen und Regelungen entwickeln, die dafür sorgen, dass die Coronaimpfquote ein möglichst hohes Niveau erreicht. Wir wollen, dass auch weiterhin ausreichend Kapazitäten und Infrastruktur bereitgestellt werden, damit ein niedrigschwelliger und einfacher Zugang zu Impfungen gegen Covid-19 sichergestellt wird. Auch dafür setzen wir uns gemeinsam mit dem Bund ein.

Aus Studienergebnissen zu Covid-19 werden wir gebotene Folgerungen ziehen, sowohl hinsichtlich des Infektionsschutzes als auch der sogenannten Long-Covid-Folgen, als auch mit Blick auf die weiteren klinischen Aspekte der Krankheit. Auch in diesem Zusammenhang werden wir die Forschung an Covid-19 – explizit auch an Long-Covid – und damit verbundenen Krankheitsbildern weiter unterstützen und vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, dass die bestmögliche medizinische Behandlung für Menschen mit Long-Covid in Schleswig-Holstein bereitgestellt werden kann.

Zur Coronapandemie gehört, mit dem Leid und der entstandenen Trauer umzugehen. Nicht alle konnten sich während der Pandemie angemessen von verstorbenen Angehörigen oder Freundinnen und Freunden verabschieden. Wir unterstützen einen würdigen Rahmen für ein Corona-Gedenken, um dem Andenken an die während der Pandemie verstorbenen Menschen Raum zu geben. Das öffentliche Gedenken des Landes an die Corona-Toten sollte gemeinsam von Landtag und Landesregierung getragen sein.

Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheitsversorgung

Nach der Regierungsbildung initiieren wir zeitnah zwei weichenstellende Prozesse für die Absicherung der Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein: Zum einen gilt es kurzfristig, dem drängenden Problem des Fachkräftemangels entgegen zu treten. Dazu wollen wir schnellstmöglich einen „Pakt für die Gesundheits- und Pflegeberufe“ auf den Weg bringen, mit dem die Bedingungen im Bereich Ausbildung, Studium und die Kapazitäten weiter verbessert und an den Bedarf angepasst werden.

Zum anderen wollen wir in langfristiger Hinsicht seitens der Landesregierung wie des Landtages ein „Zielbild für die Gesundheitsversorgung 2030“ entwickeln, das für das Land Schleswig-Holstein grundlegende Zukunftsfragen der medizinischen Versorgung, absehbare Probleme und deren Lösungen definiert und zu Ergebnissen führt. Die Erarbeitung eines solchen Zielbildes soll die Einschätzungen von handelnden Akteurinnen und Akteuren, Betroffenen und externen Expertinnen und Experten einschließen und mit angemessenen personellen Ressourcen hinterlegt sein. Unser Ziel ist es, vorausschauend die Gesundheitsversorgung realistisch und nachhaltig über den Tag hinaus und auf lange Sicht strategisch auszurichten.

Patientenversorgung

Wir werden weiterhin mit dem Versorgungssicherungsfonds des Landes Schleswig-Holstein innovative Modellprojekte zur Gesundheitsversorgung fördern. Projekte und Ideen, die erfolgreich sind, möchten wir im Sinne der Nachhaltigkeit umsetzen, weitertragen und deren flächendeckende Einführung, zum Beispiel auch über Bundesratsinitiativen, befördern.

Wir werden die Niederlassung und Kooperation von Gesundheitsberufen flächendeckend fördern, um überall eine wohnortnahe und gute Versorgung sicherzustellen. Initiativen, die eine kooperative Zusammenarbeit in der Patientinnen- und Patientenversorgung in den Regionen ermöglichen, finden unsere Unterstützung. Auch für flexible Lösungen zur Verzahnung mit der Infrastrukturentwicklung machen wir uns stark.

Der Ansatz regionaler Gesundheitszentren findet unsere Unterstützung, so wie auch der Ansatz, den Kommunen mehr Raum zu geben, um im Bereich der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum (zum Beispiel in Form von Ärztinnen- und Ärztehäusern und medizinischen Versorgungszentren) stärker eigene Initiativen ergreifen zu können. Die besondere Situation der Inseln und Halligen berücksichtigen wir für eine gesicherte Versorgungsstruktur.

Den fortlaufenden Ankauf von Praxen von Ärztinnen und Ärzten und Medizinischen Versorgungszentren (MVZs) durch Großkonzerne zum Zwecke der Renditesteigerung sehen wir kritisch. Wir erwarten deshalb gesetzgeberische Maßnahmen der Bundesebene, die diesem Prozess Einhalt gebieten und die entsprechende Transparenz schaffen.

Wir stärken die Inklusion in der medizinischen Regelversorgung. Wir wollen daher den gleichberechtigten Zugang zu Leistungen des Gesundheitssystems nach den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention weiter verbessern. Dies gilt auch für die Möglichkeiten der Einrichtung von Medizinischen Behandlungszentren für Menschen mit Behinderungen, zum Beispiel im Anschluss an Kliniken. Zusätzlich werden wir den Fonds für Barrierefreiheit weiter aufstocken. Wir wollen Barrieren beim Besuch von Praxen und Behandlungszentren im Bereich der medizinischen Versorgung weiter abbauen und diesen Aspekt bei der Aufstockung des Fonds für Barrierefreiheit berücksichtigen.

Außerdem wollen wir uns in Aus- und Weiterbildung im medizinischen und pflegerischen Bereich verstärkt dafür einsetzen, um für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren.

Auch den Bereich der gynäkologischen Versorgung von Frauen mit Behinderungen wollen wir weiter verbessern. Zudem möchten wir die Zugangsmöglichkeiten von Opfern sexualisierter Gewalt zu bedarfsgerechten psychosozialen und medizinischen Leistungen verbessern.

Wir möchten die barrierefreie Versorgung bei Notrufen stärken. Hierzu werden wir prüfen, welcher Verbesserungsbedarf gegebenenfalls auf den Kommunikationswegen „Notruf“ und „Alarmierung“ noch zu leisten oder zu unterstützen ist.

Die Strukturen für die medizinische Versorgung von Menschen mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus wie für Menschen ohne Krankenversicherung wollen wir fortsetzen. Unser Leitgedanke ist, dass ein Mensch, der dringend medizinische Hilfe benötigt, diese auch in einem geschützten Raum erhalten können soll.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Wir werden die digitalen Möglichkeiten der Versorgung ausbauen und setzen uns für eine gute und leistungsfähige IT-Infrastruktur in der medizinischen Versorgung ein.

In der Digitalisierung, Telemedizin oder in der verstärkten Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) sehen wir nicht nur neue Möglichkeiten, die Patientinnen und Patienten zu Gute kommen, sondern auch Chancen für die in den Gesundheits- und Pflegeberufen beschäftigten Menschen, zum Beispiel, um diese von Bürokratie und bei Dokumentationspflichten zu entlasten.

Die während der Coronapandemie in der Arbeitswelt vielfach guten Erfahrungen mit der Nutzung von Videokonferenzsystemen sehen wir auch im medizinischen Bereich als eine Chance – zum Beispiel, wenn es darum geht, positive Akzente gegen eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten, Einsamkeit und Isolation zu setzen, Distanzen abzubauen und auch, um die Heilung und Genesung durch Kontakte mit Angehörigen und Freundinnen und Freunden weiter zu befördern (zum Beispiel Online-Besuche in Kliniken).

Fachkräftegewinnung

Mit dem „Pakt für Gesundheits- und Pflegefachberufe“ werden wir die Bedingungen in Studium und Ausbildung weiter verbessern und die Kapazitäten an den bestehenden und prognostizierten Bedarf anpassen. Denn nur mit einer ausreichenden Personaldecke werden die Beschäftigten letztendlich auch ihrem eigenen und dem Anspruch der Patientinnen und Patienten nach der bestmöglichen Behandlung gerecht.

Den Prozess der fortschreitenden Akademisierung von Gesundheits- und Pflegefachberufen werden wir konstruktiv gestalten. Allerdings wollen wir flexible und vielfältige Wege in die Berufe ermöglichen und halten deshalb Ausbildung und Studium für gleichermaßen wertvoll.

Wir treten für eine umfassende Bildungs- und Chancengerechtigkeit ein und möchten daher insgesamt möglichst vielen Menschen den Zugang zu den Gesundheitsfachberufen ermöglichen beziehungsweise möglichst niemanden von der Berufswahl ausschließen. Wir treten dafür ein, dass die Mitarbeitenden einander in den Einrichtungen – unabhängig vom Weg ihrer Ausbildung – auf Augenhöhe und gleichberechtigt begegnen können.

Wir setzen uns dafür ein, die Delegation von geeigneten ärztlichen Tätigkeiten in den Gesundheitsfachberufen zu erleichtern.

Die erreichte Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsfachberufen werden wir beibehalten und uns beim Bund für flächendeckende Ausbildungsvergütungen einsetzen.

Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse wollen wir weiter beschleunigen, um dadurch auch dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir werden prüfen, welche organisatorischen und gegebenenfalls weiteren Möglichkeiten gegeben sind, um beim Landesamt für Soziale Dienste eine Beschleunigung von Verfahren zu bewirken.

Krankenhausversorgung

Wir werden nach dem Leitbild von Bedarfsorientierung, Qualität und Erreichbarkeit eine nachhaltige und leistungsfähige Krankenhausstrukturpolitik umsetzen.

Dabei treten wir in der Krankenhausfinanzierung einerseits für die bewährte Balance von kommunaler Finanzverantwortung und Finanzverantwortung des Landes ein.

Dringend notwendig ist allerdings auch ein stärkeres Engagement des Bundes: Insbesondere bei der Betriebskostenfinanzierung von Krankenhäusern ist mittlerweile ein sehr rasches und entschiedenes Handeln der Bundesebene erforderlich. In den Vergütungsregelungen sind sowohl die Problematik der Vorhaltekosten angemessen zu lösen, als auch die Vermeidung von wirtschaftlichem Druck, der dazu führen kann, beim Personal zu sparen. Dem wollen wir als Land mit einer Bundesratsinitiative entgegenwirken. Überdies werden wir uns dafür einsetzen, dass der Bund die Vergütungen im Bereich der Hochschulambulanzen wie der Klinikambulanzen anpasst und auf ein angemessenes Niveau erhöht.

Wir werden uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Krankenhausgesetzgebung dahingehend weiterentwickelt wird, dass die Länder mehr Möglichkeiten erhalten, über den Krankenhausplan die Strukturen zu verändern. Die aktuellen Steuerungsmöglichkeiten wollen wir stärker nutzen.

Den Sanierungsstau in Krankenhäusern werden wir weiter abbauen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich auch der Bund an den Investitionskosten beteiligt. Dabei halten wir es für sinnvoll, dass im Verhältnis von großen und kleineren Krankenhausinvestitionsvorhaben ein angemessener Teil der Investitionsförderungen bei der raschen Realisierung kleinerer Investitionen liegen kann.

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Den Zukunftspakt UKSH werden wir konsequent umsetzen und weiterentwickeln.

Die noch stärkere Vernetzung des UKSH als wichtigem Partner für kleinere und mittlere Krankenhäuser werden wir unterstützen, um die qualitativ hochwertige Versorgung im ganzen Land sicherzustellen und die medizinische Kooperation zwischen den Versorgungsstufen aktiv abzubilden.

Wir werden die zügige Umsetzung des „Masterplans Medizinstudium 2020“ unterstützen, um bereits im Studium die Grundlage für eine fachübergreifende und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung zu schaffen. Zugleich möchten wir perspektivisch die Allgemeinmedizin bereits im Studium stärker berücksichtigt sehen. Insgesamt treten wir für mehr Studienplätze in den Bereichen Medizin, Pharmazie und Psychologie ein.

Wir unterstützen auch finanziell die Arbeit des Universitären Cancer Center Schleswig- Holstein (UCCSH) zur Prävention und Forschung von Krebserkrankungen wie auch zur Begleitung der Patientinnen und Patienten bei Krebserkrankungen. Wir möchten mit dem UKSH ab 2023 die nationale Dekade gegen Krebs stärker unterstützen.

Darüber hinaus soll die Schlaganfallversorgung auch weiterhin einen hohen Stellenwert in der Behandlungsstrategie des Landes haben.

Geburtshilfe

Unser Ziel ist die möglichst wohnortnahe Versorgung in der Geburtshilfe und mit Angeboten der Vor- und Nachsorge, besonders auch durch Hebammen, um werdende Eltern bestmöglich zu unterstützen.

Das Land unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten und berücksichtigt dies in der Krankenhausplanung. Wir erwarten einen nachhaltigen Beitrag des Bundes und wollen bis dahin auch seitens des Landes eigene Lösungen entwickeln.

Der Bund und die Krankenkassen sind aufgefordert, Fragen der Vorhaltekosten, der Vergütung, des Umfangs in der Hebammenhaftung und die Angemessenheit der in der Geburtshilfe einzuhaltenden Standards stärker als bisher zu berücksichtigen.

Zudem wollen die Anzahl der Studienplätze in den Hebammenwissenschaften erhöhen.

Kinderwunschbehandlung

Wir werden uns für eine bundeseinheitliche Lösung für eine finanzielle Unterstützung bei einer Kinderwunschbehandlung einsetzen, damit möglichst viele Familien ihren Kinderwunsch realisieren können.

Rettungsdienste

Die Kooperation der Rettungsdienste am Boden, zu Wasser und in der Luft wollen wir ausbauen. Wir werden prüfen, ob mehr Hubschrauber für Rettungsdienste geboten sind.

Medizinische Forschung

Die medizinische Forschung am Standort Schleswig-Holstein möchten wir weiter stärken. Dies gilt insbesondere auch für die Bereiche Demenz und Geriatrie. Auch die individualisierte medizinische Forschung, zum Beispiel bezogen auf Aspekte wie Alter, Geschlecht und weitere individuelle Merkmale werden wir stärken.

Psychiatrische Versorgung und psychosoziale Versorgung

Im Bereich der psychiatrischen Versorgung wollen wir ein ausreichendes Behandlungsangebot sicherstellen. Insbesondere zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist es unser Bestreben, das vorhandene Angebot auszuweiten.

Die teilweise viel zu langen Wartezeiten auf einen Platz in der Psychotherapie müssen im Sinne der Patientinnen und Patienten deutlich reduziert werden. Wir werden uns deshalb auf Bundesebene mit einer Bundesratsinitiative für deutlich mehr ambulante Psychotherapieplätze durch mehr Kassenzulassungen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, sowie Psychiaterinnen und Psychiatern, einsetzen. Zugleich möchten wir die psychotherapeutischen Kenntnisse im Bereich der Allgemeinmedizin stärken.

Auch die psychosoziale und traumatherapeutische Versorgung von Menschen mit Fluchterfahrung werden wir sicherstellen und diese durch landesweite Angebote weiter voranbringen.

Wir stellen uns als Politik der Verantwortung, in unserer Gesellschaft für eine Entstigmatisierung und Enttabuisierung psychischer Erkrankungen und der dazugehörigen hilfreichen Therapiemöglichkeiten einzutreten. Die Inanspruchnahme von psychotherapeutischen Hilfestellungen sollte in unserer Gesellschaft nicht weniger selbstverständlich sein, als zum Beispiel die Inanspruchnahme von Reha-Maßnahmen bei einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten. Um in diesem Bereich der Vorbildfunktion nachzukommen, wird das Land in geeigneten Bereichen durch Kommunikation oder mit Aufklärungskampagnen, wie zum Beispiel im Bereich der Prävention, in Schulen oder an Arbeitsplätzen des Landes mit gutem Beispiel vorangehen.

Maßregelvollzug

Wir werden prüfen, ob bauliche Verbesserungsmaßnahmen im Maßregelvollzug geboten sind.

Prävention und Gesundheitsförderung

Vorsorge ist besser als Nachsorge – auch deshalb messen wir der Prävention und Gesundheitsförderung einen hohen Stellenwert zu. Sichtweisen wie der „One Health“- Gedanke der WHO, einzelne Maßnahmen im Bereich „gute Ernährung“, ausreichend Bewegung oder Schwerpunkte besonders in der frühkindlichen Entwicklung können hier wertvolle Beiträge sein.

Insgesamt werden wir Beratungsangebote zum Thema Gesundheit im Land fördern und ausbauen sowie das vorhandene Angebot der Selbsthilfegruppen stärken. Wir werden Angebote der Prävention und Gesundheitsförderung weiter ausbauen und dabei einen Schwerpunkt auf die psychische Gesundheit legen.

Angebote der Gesundheitsprävention wollen wir vermehrt auch in Leichter Sprache sowie in einfacher und verständlicher Sprache, barrierearm sowie in Fremdsprachen anbieten, damit Gesundheits- und Ernährungsbildung möglichst viele Menschen erreicht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass mehr Menschen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.

Wir werden digitale Angebote der Präventions- und Gesundheitsförderung (Apps, Onlinekurse et cetera) unterstützen und den Prozess der Digitalisierung im Sinne einer flächendeckenden Beratungs- und Versorgungsstruktur als Ergänzung zum analogen Angebot fördern.

Wir verstehen es als wesentliche politische Aufgabe, mit Aufklärung zur Prävention und Gesundheitsförderung alle Menschen anzusprechen, für die ein besonderer Bedarf besteht, um so einen Beitrag zu mehr gesundheitlicher Chancengerechtigkeit zu erreichen.

Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist eine feste Säule in der Prävention. Das Land wird als Arbeitgeber weitere geeignete Maßnahmen auswählen und im Sinne von „Best practice“ dokumentieren beziehungsweise anderen zur Nachnutzung anbieten.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass hohe Beteiligungswerte bei den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche (U-Untersuchungen) erhalten bleiben und unser Engagement im Bereich der Impfaufklärung verstärken.

Wir werden Modellvorhaben zur Umsetzung der Präventionsstrategie (Gesundheits- und Ernährungsbildung) in der Lehrerausbildung, in den Schulen sowie in der Erwachsenenbildung unterstützen.

Wir möchten ein Pilotprojekt zur gesunden Ernährung im Krankenhausbereich fördern, in dem an einem Krankenhaus in Schleswig-Holstein eine verbesserte Form der Gemeinschaftsverpflegung erprobt und mit Blick auf ihre Wirkung genau ausgewertet wird. Parallel möchten wir im Hinblick auf die bereits jetzt vorhandene Studienlage zu den positiven Wirkungen von verbesserter Krankenhauskost aber auch Vorschläge an den Bund zu Standards der Krankenhausernährung und Einbeziehung in die Finanzierung der Krankenhausleistungen richten.

Wir werden Sportangebote in Kindertageseinrichtungen und Vereinen unterstützen und uns für gesunde, ausgewogene und regionale Mittagsverpflegung in Kitas und Schulen einsetzen.

Wir unterstützen Reanimations- und Erste-Hilfe-Kurse für Kinder, um ihre Gesundheitskompetenzen zu stärken und ihnen das Selbstvertrauen zu geben, in Notfallsituationen zu helfen.

An weiterführenden Schulen werden wir die Aufstellung von Kondomautomaten und von Spendern für Menstruationsartikel unterstützen.

Wir verfolgen zudem generell das Ziel, die Prävention in diversen Bereichen zu stärken. Beispiele dafür sind die Präexpositionsprophylaxe gegen HIV oder der Bereich der sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten (STI).

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung von gesundheitlicher Prävention werden wir anregen, dass der Sozialausschuss eine Arbeitsgruppe zum Thema Prävention unter Einbindung von Expertinnen und Experten einrichtet.

Ganzheitliche Drogenpolitik

Prävention ist der Schlüssel zur Bekämpfung von Sucht.

Unser Ziel ist es, die gesellschaftliche Risikokompetenz durch frühzeitige und umfassende Aufklärung über die Gefahren und den Umgang mit Tabak, Alkohol, Cannabis und Drogen, Arzneimitteln, Glücksspiel und Internet zu stärken.

Sinnvolle Ansätze für Prävention, wie Drogenkonsumräume, setzen wir fort. Wir wollen die Beratungs- und Behandlungsangebote für Betroffene ausbauen und finanziell stärken. Wartezeiten für Behandlungen wollen wir verkürzen. Die Angebote sollen auch Medien-, Online und Computerspielsucht erfassen.

Kinder und Jugendliche sind vor Drogenkonsum besonders zu schützen, deshalb werden wir Schulen, Kindertagesstätten sowie Spiel- und Sportstätten von Drogen vollständig freihalten.

Wir wollen den offenen Drogenszenen in Schleswig-Holstein besondere Aufmerksamkeit schenken und lösungsorientierte, ganzheitliche Konzepte dafür entwickeln. Wir werden hierfür auch den Dialog vor Ort führen.

Wir setzen uns auf Bundesebene für eine starke Regulierung der chemischen Stoffe ein, die typischerweise als KO-Tropfen verwandt werden und derzeit legal erworben werden können. Eine Möglichkeit könnte dabei die Aufnahme in das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) darstellen.

Schwangerschaftsabbrüche

Wir setzen uns dafür ein, dass die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche durch vermehrte Aufklärung über Sexualität und Verhütungsmittel reduziert wird.

Darüber hinaus wollen wir die Beratungsinfrastruktur für ungewollt Schwangere und Betroffene ausweiten. Außerdem setzen wir uns gemeinsam mit dem Bund dafür ein, dass ein ausreichendes Angebot für Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung steht.

Hospiz- und Palliativversorgung

Wir wollen, dass Menschen ihren letzten Weg in einem würdevollen Umfeld gehen können. Dafür wollen wir eine bedarfsgerechte ambulante und stationäre Hospiz- und Palliativversorgung sicherstellen. Dabei sehen wir verstärkt den Ausbau der teilstationären Hospizversorgung, das heißt den Bedarf an Tageshospizen, und wollen hierbei insbesondere auch das Ehrenamt in der Hospiz- und Palliativarbeit weiter stärken. Wohnortnähe ist uns wichtig. Die Tätigkeit der Landeskoordinierungsstelle wollen wir weiter unterstützen. Wir nehmen alle Menschen in den Blick – im Leben und im Sterben, aber auch in ihrer Trauer und wir möchten eine patientenorientierte inklusive und kultursensible Hospizarbeit und Palliativversorgung weiterentwickeln.

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Wir werden die Anstrengungen und Kontrollen in Schleswig-Holstein im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz auch personell verstärken, um vor allem die Schwere und die Zahl der Erkrankungen zu reduzieren und hierbei die Kontrolle von Arbeitszeiten besonders berücksichtigen. Dies schließt auch Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser im Sinne der Patientinnen- und Patientensicherheit ein.